Mein Menschenbild (Teil 1)

04.03.2016

Bedeutung des Menschenbildes

Für die Arbeit mit Menschen ist das Menschenbild des Therapeuten, Yogalehrers und auch Masseurs von höchster Bedeutung. Dies gibt Auskunft darüber, mit welcher Einstellung derjenige sein Gegenüber betrachtet und behandelt.

Mein Menschenbild wurde einerseits durch meine vielen Indienaufenthalte und die Lehre meines Lehrers Gurudev Shree Chitrabhanujis beeinflusst. Chitrabhanuji begleitet mich seit 28 Jahren. Andererseits wurde es durch mein Psychologie Studium und vor allem durch den gestalttherapeutischen Ansatz geprägt.

Jain – Dharma

In dem ersten Blogbeitrag möchte ich ausführlicher die indische Philosophie – das Jain Dharma – schreiben, die mich sehr geprägt hat. Ich vermeide das Wort Jainismus, da jeder „-ismus“ trennt und schon zu viel Trennendes zwischen den Menschen in der Gesellschaft existiert. Religionen sind für mich wie verschiedene Wegkarten, die es von einer Landschaft, dem gemeinsamen Ziel gibt. Wanderkarten beschreiben Wege in der Landschaft, meist auch noch verschiedene auf einer Karte und welchen Weg jeder geht, muss er selbst entscheiden. So ist das Jain-Dharma die „Landkarte“, die ich gewählt habe. Aus dieser Karte benütze ich einen Ausschnitt, einen Weg. Ich bin mir bewusst, dass es andere gute Karten und Wege gibt und akzeptiere diese.

Ethischen Werte

Wichtig für das Menschenbild sind die ethischen Werte. Für das Jain Dharma hat diese Gurudev Shree Chitrabhanuji vor etwa 60 Jahren in einem Lied zusammengefasst. Dieses Lied ist in der Originalsprache auf Gujarati und wird heute noch in dem indischen Bundesstaat Gujarat in den Schulen religionsübergreifend gelehrt. Mit freundlicher Genehmigung von ihm möchte ich diese Zusammenfassung in meinem Blog veröffentlichen.

Die Hauptthemen dieses Liedes:

Freundschaftlichkeit, Anerkennung, Mitgefühl und Gelassenheit.

 

Freundschaftlichkeit

Möge der heilige Strom der Freundschaft
für immer in meinem Herzen fließen,
möge das Universum gedeihen,
das ist mein höchster Wunsch.

Einem Menschen, in dessen Herz der Samen der Freundschaftlichkeit aufgegangen ist, erscheint die ganze Welt voller Freunde.

Anerkennungsfähigkeit

Möge mein Herz in Verzückung singen
bei dem Anblick der Tugendhaften,
und möge mein Leben eine Gabe zu ihren Füßen sein.

Dieses Gefühl hat ihren Ursprung im Respekt für die guten Eigenschaften der Anderen. Jemand, dessen Herz mit Anerkennungsfähigkeit (pramodabhava) gefüllt ist, ist auch voll von Mitgefühl.

Mitgefühl

Möge mein Herz bluten beim Anblick
der Unglücklichen, der Unbarmherzigen und der Armen,
und mögen Tränen des Mitgefühls aus meinen Augen fließen.

Jemand voller Mitgefühl, wird im Herzen immer Empathie für alle Lebewesen der Welt haben – er nimmt sich immer der Sorgen der Anderen an und wird immer bestrebt sein, die Sorgen der Anderen zu lindern.

Gelassenheit

Möge ich immer da sein,
den weglosen Wanderern des Lebens den Weg zu zeigen,
jedoch, wenn sie mir nicht zuhören,
möge ich geduldig warten.

Eine Person, die mit diesem Charakter ausgestattet ist, versucht diejenigen zu retten, die im eigenen Schlamm versinken, aber sie selbst wird nicht durch irgendein falsches Verhalten verdorben.

Zusammenfassende Betrachtung

Möge der Geist des guten Willens
in all‘ unsere Herzen dringen,
Mögen wir alle zusammen das unsterbliche Lied
Der menschlichen Eintracht singen.

SHREE CHITRABHANU

 

Das ausführliche Heft über dieses Lied, mit den sehr metaphernreichen Kommentaren von Gurudev ist in deutscher Übersetzung in der Praxis Pandya zu bekommen. Schicken Sie mir eine Mail, dann sende ich es Ihnen gerne zu.