Yoga Richtungen – Wegweiser im Dschungel der Namen

28.11.2016

Es gibt so viele Yoga Richtungen und jeden Tag kommen neue Name dazu. Dieser Dschungel ist nicht mehr zu durchschauen, daher möchte ich versuchen ein wenig Struktur in dieses Durcheinander zu bringen.

Yogatraditon – Traditionelle Yogarichtungen

Die Tradition des Yogas ist in Indien sehr lange. Yoga egal welcher Art wurde in Indien immer von Lehrer zu Schüler direkt unterrichtet. Die fünf traditionellen Yogarichtungen sind:

  1. Karma Yoga – das Yoga der Tat, des selbstlosen Handelns. Für das Karma Yoga spielt die Bagavagita eine wichtige Rolle. Sie ist das heilige Buch der Hindus und Teil der Mahabharata.
  2. Bhakti Yoga – das Yoga der Hingabe gemeint ist hier die Hingabe zu Gott, dem Göttlichen. Beispiel einer auch im Westen bekannten Bhakti Yoga Richtung sind die Hare Krishnas.
  3. Raja Yoga – der königliche Yogaweg, wie er in den Patanjali Yogasutren beschrieben wird. Eine meditative Yogarichtung. Sie wird auch öfters Ashtanga Yoga, der achtgliedrige Weg genannt. Wobei dies nicht mit der modernen Ashtanga Yoga Richtung zu verwechseln ist.
  4. Jnana Yoga – das Yoga der Erkenntnis, die intellektuelle Yogarichtung. Sie beruft sich auf die Mahabharata und die Upanishaden. Bekannt wurde Jnanayoga durch Swami Vivekananda und dem von ihm gegründeten Kriya Yoga.
  5. Hatha Yoga – der körperliche Aspekt steht im Vordergrund. Hatha Yoga entstand wesentlich später als die anderen Yogarichtungen. Das wichtigste Werk, die Hatha – Yoga Pradipika entstand etwa im 11. Jahrhundert.

Die Texte, auf die sich alle Traditionen berufen

Die alten indischen Texte, wie die Pantajali Yogasutra oder die Hatha Yoga Pradipika, bestehen aus einer Sutra und einer Interpretation. Eine Sutra ist ein kurzer Text, der sich leicht auswendig lernen lässt. Dies war notwendig, da diese Texte ursprünglich nur mündlich überliefert wurden. Die Interpretation wurde immer vom Lehrer für den Schüler dazu gefügt.

Heute gibt es Bücher in denen beides schriftlich festgelegt ist. Nimmt man verschiedene Patanjali Yogasutren in die Hand, so stellt man fest, dass man den Eindruck hat, in völlig verschiedene Bücher zu lesen. Schon die Übersetzung lässt viel Spielraum, da Sanskritwörter einen großen Bedeutungshof haben. Dazu kommt noch die Interpretation der Sutren, die von traditionell bis modern sehr unterschiedlich sein kann.

Hatha Yoga

Nachdem beim Hatha Yoga der körperliche Aspekt im Vordergrund steht, wird deutlich, dass es sich bei fast alle im Westen angebotenen Richtungen um Hatha Yoga handelt, auch wenn sie die unterschiedlichsten Namen haben.

Wie kommt es zu den verschiedenen Namen?

Bis zum Beginn des 20 Jahrhunderts war Yoga für Asketen. Sie lernten bei einem Lehrer und entsagten der Welt. Sie beriefen sich immer auf ihren Lehrer und hatten, da sie Asketen waren nicht den Ehrgeiz sich einen eigenen Namen zu machen.

Zum Beginn des 20. Jahrhunderts praktizierten die ersten Laien als Houshoulder Yoga und gründeten die ersten Yoga Institute in Indien. Z.B. Yogainstitut Santacruz, Yogainstitut; ICYHC , Kaivalyadham, ebenso in Maisor und anderen Städten. Sie wiederum bildeten Yogalehrer aus, die teilweise ihren eigenen Stil weiter entwickelten. Unterschied sich die Richtung zu sehr oder kamen andere persönliche Gründe hinzu, wurde dem Yoga ein neuer Namengegeben.  So kommt es, dass in der Enkel- und Urenkel-Tradition sich die Richtungen und Namen wie in einem Stammbaum immer weiter verzweigen.

Es ist spannend sich mit diesem Yogastammbaum zu beschäftigen und gibt überraschende Zusammenhänge. Beispielhaft möchte ich Shri Krishnamacharya herausgreifen. Schülern von ihm sind unter anderem T. K. V. Desikachar (Viniyoga) und B. K. S. Iyengar (Iyengar Yoga) und K. Pattabhi Jois (Ashtanga Yoga). Diese drei Yogarichtungen unterscheiden sich sehr. Es ist wie in einer richtigen Familie, in der Kinder der gleichen Eltern sehr verschieden sein können.

Yoga war übrigens bis Mitte des letzten Jarhundert eine reine Männerdomäne. Erst Indra Devi konnte als Frau eine Yogalehrerausbildung bei Shri Krishnamacharya machen. Heute, knapp 70 Jahre später, sind in Deutschland knapp 80% aller Yoga Praktizierenden Frauen.

Tipps zur YogalehrerIn suche

Meine Unterscheidung ist vorallem in sportlich oder nicht so sportlich. Dies müssen Sie nach Ihren Bedürfnissen entscheiden. Für mich ist auch wichtig, dass im Yoga immer Pranayama, Atemtechnik praktiziert wird. Sie sollten darauf achten, dass Sie sich bei der YogalehrerIn wohl fühlen und die Stimme angenehm empfinden. Hier zählt der erste Eindruck, bevor der Verstand uns etwas anderes erzählt.

Zum Schluss

Von Boris Sacharow (dem Schüler Swami Sivanandas und einer der Wegbereiter des Yoga im Westen) stammt folgendes Zitat: „Von Tag zu Tag schießen neue Yogapilze aus dem durch üppige Phantasie übersättigten Boden der Orientalistik, und es werden neue Namen zutage gefördert wie Sattva Yoga, Buddhi Yoga, Purna Yoga usw. – als ob die klassischen Yoga-Arten, wie man die ersten fünf zu nennen pflegt (nämlich Karma, Bhakti, Hatha, Raja und Jnana), nicht vollauf genügt hätten.“ (Aus https://de.wikipedia.org/wiki/Yoga)

Zum Weiterlesen

MathiasTietke, Der Stammbaum des Yoga, 2007, Theseus Verlag, Bielefeld