Gedanken zum Thema Guru

09.12.2019

Definition

Das Wort „Guru“ bedeutet in Sanskrit Lehrer. Es bezeichnet den „Verleiher“ des Wissens. Das Wort kommt von der Wurzel „guru“, welche wörtlich schwer oder gewichtig bedeutet. In hinduistischen Schriften selbst wird der Guru als Vertreiber der Dunkelheit und Unwissen interpretiert. Der Titel Lama im tibetischen Buddhismus entspricht dem Begriff Guru.

Guru im Hinduismus

Gurus werden als Nachfolger der frühzeitlichen Seher (rsi) betrachtet, die nach traditioneller Auffassung das heilige Wissen (Veda) übersinnlich geschaut bzw. von den Göttern erhalten hatten. Aufgrund ihres Wissens um die heiligen Texte und Rituale, gelten sie nicht nur als ideale religiöse Lehrer, sondern generell als befähigt zu gesellschaftlicher Macht und Führung.

Meist gibt es eine Abstammungslinie von Gurus. Ein Guru lebt oft in einem Ashram.

Samnyasin- Guru

Mit zunehmender Popularität der Asketenbewegung setzte sich der Typ des Samnyasin-Guru von den anderen Typen des Guru ab. Eine neue Dimension im Autoritätsgefälle entsteht. Während der Acarya-Guru, der Guru durch Weisheit, im Prinzip noch fehlbar war und kritisiert werden konnte, da er ja auch als Lehrer der Realwissenschaften auftrat, verkörpert der Samnyasin-Guru den bereits zu Lebzeiten befreiten Jivanmukta, sogar das Absolute, und ist daher unfehlbar.

Durch Weltentsagung und asketische Disziplin soll er zu übersinnlich-okkulten Kräften gelangen und aus eigener Kraft Heil an seine Schüler vermitteln und das in ihnen schlummernde Wissen erwecken können. Er lebt oft in enger Gemeinschaft mit seinen Schülern, entweder abseits der Zivilisation auf Wanderschaft oder zurückgezogen in einem Ashram. Da der Weg zur Befreiung manchmal als gefährlich gilt, muss der Guru über besondere didaktische Fähigkeiten verfügen und darf auch ungewöhnliche Mittel einsetzen, um seinen Schülern die konventionell nicht vermittelbare absolute Wahrheit zu eröffnen.

Bhakti-, Tantra-Guru

In der Bhakti- und Tantra-Tradition schließlich gilt der Guru als Avatara, als ein von den Göttern herabgestiegener, als (Teil-) Verkörperung der Gottheit (Sadguru). Als Sadguru ist er der Gottheit gleichgestellt oder gar über ihr stehend. Er wird identisch mit der absoluten Wahrheit und dem höchsten Sein gesehen. Echte Liebe und völlige Hingabe an den Sad-Guru soll nach dem Glauben seiner Anhänger alle Verfehlungen überwinden können. Der Glaube an eine direkte Kraft- und Heilsübertragung vom Sad-Guru auf den Schüler spielt dabei eine zentrale Rolle. Der Guru ist der Töpfer, der seinen Schüler formt und neu erschafft.

Richtiger und falscher Guru

Aufgrund der herausragenden Position des Guru beschäftigen sich traditionelle Texte auch mit der Problematik des Missbrauchs dieser Autorität und nennen Kriterien wahrer und falscher Gurus.

Die 80er werden vielleicht von späteren Generationen als das Jahrzehnt der Gefallenen Gurus bezeichnet werden. Es gab mehrere Gurus mit Schweizer Bankkonten, mit geistigem Diebstahl, Sexuellem Missbrauch, gewaltsame Aktionen gegen Gegner, egoistische Machtspiele, Drogen. Das führt dazu, dass es nicht mehr „in“ ist, einem Guru zu folgen.
Kriterien für einen guten Guru

Was können Kriterien sein, um einen guten Guru zu finden, wenn man ihn sucht?

Kein blinder Gehorsam

Aufrichtige Heilige und Gurus verlangen keinen blinden Gehorsam. Im Gegenteil, sie erwarten persönliche Verantwortung und verantwortliches Verhalten gegenüber seinen eigenen äußeren Realitäten. Sie fördern kritisches Denken. (Sonst ist das Wissen auf Sand gebaut.)

Kein Geld

Wirkliche Meister verlangen kein Geld für ihren Dienst. Nichts dagegen, dass sie so viel verlangen, dass sie davon leben können, aber 99 Rolls Royces gehören nicht dazu. Auch eine Organisation braucht einiges Geld, aber das Maß gibt den Ausschlag.

Moralische Werte

Hat der spirituelle Lehrer hohe moralische Werte, die er auch lebt? Ein wirklich erleuchteter Meister ist ein moralischer Mensch, er hat sein Ego und seine Begrenzungen wirklich überwunden und ist sich seiner selbst als göttliches Wesen bewusst, unteilbar. Ein erleuchteter Meister wird ethischen Eigenschaften haben, die weit über das Normalmaß hinaus gehen.

Sogenannte Gurus zeigen oft unethisches Verhalten (Sexueller Missbrauch, persönliche Gewalt, Habgier…) Dies wird von den Schülern dann oft schön geredet.

Okkulte Kräfte

Stellt der Meister Behauptungen über seine spirituelle Entwicklung, Okkulten Kräfte oder Errungenschaften auf? Je mehr Meister davon reden, desto mehr kann man davon ausgehen, dass es nicht stimmt. Die meisten religiösen Schriften erkennen an, dass Humanität eine der Haupteigenschaften von Erleuchteten ist. Wenn ein Guru fordert, dass man an seinen Status glaubt, dann ist ihre Lehre nicht spirituell/mystisch sondern dogmatisch und bekehrend.

Missionieren

Missioniert der Guru oder die Gruppe heftig? Jede Gruppe, die darauf aus ist, die Welt zu retten, ist problematisch, da automatisch der Rest der Welt verloren ist. Diese Missionieren und retten wollen bewirkt Trennungen – ich bin gerettet, du bist verloren. Natürlich ist jede Veröffentlichung eine Form der Reklame, der feine Unterschied, wieweit es als einzige Wahrheit verkauft wird.

Wer hat den Guru zum Guru gemacht?

Hat er sich selbst zum Guru gekrönt, oder wurde er nach langem disziplinierten Studien von seinem Lehrer zum Lehren angehalten. Selbsternannte Gurus sind oft Narzissen.

Tägliche Ergebnis des Weges

Wenn der Guru / die Bewegung authentisch ist, wird sie uns helfen, uns selbst , unsere Familie, unsere Beziehungen und Gott besser zu verstehen. Das heißt nicht, dass das weltliche Leben sich verändern wird (Geldprobleme bleiben möglicherweise) aber wir können mit unseren Problemen besser umgehen. Eigentlich sollte mehr Offenheit, Freundlichkeit, Mitenfühl, Selbstlosigkeit, Ehrlichkeit und liebende Hingabe entstehen. Wenn dies nicht der Fall ist kann es zwei Gründe dafür geben:

  1. Wir übst nicht wirklich, was gelehrt wird.
  2. Oder du folgst Lehren, die mehr Egoismus, prerationales Verhalten und anti-soziales Verhalten fördern.

Schließlich benötigt man, wenn man einem Meister oder Weg folgt, ein hohes Maß an Reife, Selbstbeherrschung und Unterscheidungsvermögen. Die Erleuchtung erreicht man nicht über Nacht oder mit geringer Anstrengung, sondern es ist bedarf die tägliche Anwendung der Lehre. Letztlich ist nicht der Guru, oder die Bewegung das größte Hindernis, sondern der Schüler selbst.

Zum weiterlesen

David C. Lane, THE SPIRITUAL CRUCIBLE

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