Yoga-Sutra-Niyamas

18.02.2019

Die ethischen Richtlinen des Yogas bestehen aus den fünf Yamas und den fünf Niyamas. Die Niyamas beschreiben unsere Haltung gegenüber uns selbst.

Niyama bedeutet beobachten. Um sich selbst zu erkennen und mit sich in Beziehung zu leben, muss man seine Haltung beobachten, denn Beobachtung ist die erste Voraussetzung zur Veränderung.

Ausführungen zu den Niyamas

Die Ausführungen zu den Niyamas findet man in dem 2. Kapitel der Patanjali Yoga Sutren. Die Niyamas beinhalten fünf Verhaltensrichtlinien: Shaucha, Santosha, Tapas, Svadhyaya, Isvara Pranidhana. Ich habe sie aus Vivekanandas Buch Raja Yoga übersetzt oder als moderne Fassung von Desik.archar

Shaucha

Kapitel II Absatz 40 und 41 Saucha – Reinheit

Es geht um die äußere und innere Reinheit. Sie bezieht sich auf unseren Geist, unseren Körper und unsere Umgebung.

Die Reinheit des Körpers meint sowohl die äußere Pflege als auch das, was wir zu uns nehmen. Nahrung, Getränke, Luft. Alles sollte so rein wie möglich sein. Der Charakter der Nahrung, die Menge, die Essens-Weise und Zeit bestimmen, wie wir uns nach dem Essen fühlen. Diese kurzen Sätze beinhalten die gesamte ayurvedische Ernährungslehre. Asanas unterstützen den Körper, um ihn zu harmonisieren. Pranayama säubert die Lunge.

Zur Reinigung von Emotionen wie Hass, Zorn, Lust, Gier, Täuschung etc. gibt es Yogatechniken, auch Sport kann hier nützlich sein oder das früher so sprichwörtliche Holz hacken.

Das Denken soll klar sein. Dann ist es möglich, es auf einen Punkt zu richten. Dies ermöglicht uns zwischen dem Vergänglichem, Unreinem und dem Unvergänglichem, ewig Reinem, zu unterscheiden.

Dadurch wird eine übermäßige Beschäftigung mit äußeren Dingen und starkem Anhaften an äußeren Dingen mit der Zeit verschwinden.

„Ein Mensch mit einem reinen Geist ist nicht von falschen Wahrnehmungsmustern aus der Vergangenheit negativ beeinflusst und kann sich ohne Ablenkung durch die Sinne auf ein Objekt ausrichten.“ (Desikachar 1997)

Santosha

II,42 Santosha – Zufriedenheit

„Durch tiefe Zufriedenheit können wir grenzenloses Glück erfahren.“

Zufriedenheit hängt eng mit Aparigraha, der nicht Begierde zusammen, da materielle Dinge nur zu einem flüchtigen Glücksgefühl führen.

Zufriedenheit und Ruhe sind Zustände, die wir durch unser Denken beeinflussen können. Ruhe ist das Ruhen im Selbst, das einem eine heitere Gelassenheit zu allen Dingen finden lässt.

Tapas

II,43 Tapa – Enthaltung

Der Bedeutungshof von Tapa ist:

  • Wärme, Hitze, Feuer
  • Schmerz, Leiden
  • Buße, religiöse Askese, Kasteiung
  • Meditation in Verbindung mit der Praxis der persönlichen Selbstverleugnung, oder körperlicher Kasteiung
  • Moralische Tugend, Verdienst

Wie übersetzen wir es jetzt in unsere heutige westliche Welt? Ein Gang in die Sauna ist anstrengend, die kalte Dusche erfordert eine gewisse Überwindung, aber wenn wir es gemacht haben fühlen wir uns sauber, entspannt und wohl.

Es geht darum das zu verbrennen, was man nicht mehr haben möchte und eine gewisse Disziplin zu fördern. Dies erhöht unsere Entscheidungsfreiheit, da der Geist geschult ist. Damit sind wir besser in der Lage ihn zu beherrschen und uns nicht so sehr von ihm, bzw. von unseren Emotionen bestimmen lassen. So können wir uns z.B. entscheiden, ob wir weiterhin durchhängend auf dem Sofa liegen wollen oder uns lieber aufraffen, um einen Spaziergang zu machen. Dieser wird uns helfen in bessere Stimmung zu kommen. Dies erfordert eine Selbstdisziplin, die uns leichter fällt, wenn wir Disziplin auf verschiedene Weise geschult haben.

Disziplin ist immer im persönlichen Zusammenhang zu sehen und kann dementsprechend für zwei Menschen genau das Entgegengesetzte bedeuten. Für den Workaholic bedeutet es mit der Arbeit aufzuhören, für den unstrukturierten Menschen sich eine Arbeitsstruktur zu schaffen und einzuhalten.

Außerdem generiert Tapas Energie, d.h. durch das Ausüben von Tapas kann man Energie sammeln.

Svadhyaya

II,44 Svadhyaya – Selbststudium, Introspektion

  • Sva bedeutet: der eigene Besitz; angeboren, natürlich, innewohnend; die Seele; die eigene Pflicht; Abhängigkeit von sich Selbst; Unabhängigkeit.
  • Adhyaya bedeutet: Meditation, Reflexion, Gedanke, Kontemplation; insbesondere eine abstrakte Kontemplation, religiöse Meditation; göttliche Intuition.

In der alte Übersetzung von Vivekananda heißt es: „Durch die Wiederholung des Mantras wird die erstrebte Göttlichkeit realisiert.“

Mir ist da die moderne Übersetzung von Desikachar lieber:
„Durch intensives Studieren und Suchen nach Weisheit entwickelt sich eine Verbindung zu höheren Kräften. Dadurch entsteht in uns tiefes Verstehen selbst von äußerst komplexen Dingen.“

Durch Meditation und Reflexion lernen wir unsere Schwächen und Stärken zu sehen und zu verändern. Es ist Introspektion, nicht zu verwechseln mit Introversion, die meist mit Kontakthemmungen einher geht. Die Beschäftigung mit sich selbst dient nicht dazu das Ego, den Egoismus, zu vergrößern, sondern uns mit allen unseren Fehlern und Schwächen zu sehen und sich selbst ehrlich gegenüber zu sein. Auf Grund dessen haben wir die Möglichkeit uns zu verändern. So können wir zusammenfassend sagen, es ist das Streben nach dem Besten in uns Selbst.

Isvara Pranidhana

II,45 Isvara Pranidhana

„Durch die Verehrung Gottes erlangen wir Samadhi“

Das ist hinduistisch geprägt und geht von einem Glauben an einen oder mehrere externalen Gott oder Götter aus.

Wenn wir ohne diesen Begriff auskommen wollen kann es auch so verstanden werden: Durch das Hören auf die Stimme der Stille ist es möglich sich in Einheit mit dem Universum zu spüren. Hören wir auf sie, leben wir nach ihr und schöpfen Kraft und Frieden aus ihr.

Gurudev Shree Chitrabhanu erklärte mir es so: „Beten ist, wenn wir zu Gott sprechen egal ob er zuhört oder nicht. Durch die Meditation werden wir still, so dass wir hören können, wenn Gott oder das Universum zu uns spricht.“

Ausklang

Es ist wichtig Klarheit über die eigenen Werte zu haben, denn dies kann uns bei Entscheidungen helfen. Treffen wir eine Entscheidung in Übereinstimmung mit unseren Werten, werden wir sicherer sein, kein Bedauern hinterher haben. Wir werden persönliche Kraft und Klarheit daraus schöpfen und auch ausstrahlen. Wenn wir in Übereinstimmung mit unseren Werten leben, sowohl denen die den Umgang mit uns selbst betreffen, als auch denen die den Umgang mit Anderen betreffen, leben wir im „Seelenfrieden“, zufrieden mit einem ruhigen Geist.

Zum Weiterlesen

Desikarchar T.K.V.: Über die Freiheit und Meditation, Via Nova, 1997

Vivekananda: Raja Yoga, Avaita Ashram, 1999