Yoga – Sutra – Yama

04.02.2019

Ein Thema aus den Pantanjali Yoga Sutren. Da die Yoga Sutren mündlich überliefert wurden, gibt es sehr verschiedene Kommentare und Interpretationen der einzelnen Sutren. Selbst die Übersetzungen können sich sehr unterscheiden, da jede Übersetzung eine Interpretation beinhaltet.

Die Yamas und Niyamas sind die ethischen Richtlinien des Yogas. Dabei beschreiben die Yamas unsere Haltung gegenüber unserer Umgebung, während die Niyamas sich mit unserer Haltung uns selbst gegenüber befassen.

In dem heutigen Blog befasse ich mich nur mit den Yamas.

Grundsätzliches

Ich möchte diese Grundsätze nicht als festgeschriebene Gebote verstanden wissen, sondern als Richtlinien, die immer einer eigenen Interpretation bedürfen. Diese kann sich im Laufe der Jahre verändern. Wir schlagen eine Schraube nicht mit einem Vorschlaghammer auf einmal ins Holz, sondern drehen sie langsam mit Kraft, da sie sonst das Holz spaltet und nicht hält und etwas tragen kann. Genauso werden sich unsere Interpretationen langsam verändern.

Ethische Werte sind nicht nur im sozialen Umgang notwendig, sondern sind für unsere eigene Integrität bedeutsam. Integrität heißt laut Fremdwörterlexikon Makellosigkeit, Unbescholtenheit, Unbestechlichkeit, und umgangssprachlich ausgedrückt heißt es, dass wir uns jeden morgen im Spiegel anschauen können.

Hilfreich kann es dazu sein, die eigenen Werte aufzuschreiben, in eine Rangordnung zu bringen und bei schwierigen Entscheidungen alle Möglichkeiten mit Hilfe der einzelnen Werte abzuschätzen und dann zur Entscheidung zu kommen. Wie oft gibt es z.B. Menschen, die sagen Familie steht für sie an erster Stelle, aber sie arbeiten täglich 14 und mehr Stunden im Büro.

Ausführungen zu Yamas

Die Ausführungen zu den Yamas findet man in dem 2. Kapitel der Patanjali Yoga Sutren. Die Yamas beinhalten fünf Verhaltensrichtlinien: Ahimsa, Satya, Asteya, Brahmacharya, Aparigraha. Ich habe sie aus Vivekanandas Buch Raja Yoga übersetzt.

Ahimsa

Kapitel II, Absatz 35 Ahimsa – Die Gewaltlosigkeit

„Wenn die Gewaltlosigkeit verinnerlicht ist, verschwindet alle Feindschaft, auch derjenigen, die sich in der Nähe des Yogis befinden.“

Überlegtes und behutsames Umgehen mit allem, was lebt, besonders mit den Lebewesen, die hilflos sind oder die sich in Schwierigkeiten befinden.
Ahimsa heißt Gewaltlosigkeit und schließt auch Fürsorge und Liebe mit ein. Umfassend kann es Gewaltlosigkeit in unsere Gedanken, Worte und Taten bedeuten und sich auf das eigene Verhalten und auf aktive oder passive Ermutigung anderer beziehen.

Satya

II,36 satya – Wahrhaftigkeit, Wirklich, Echt, Ehrlich

„Ist die Begründung in der Wahrhaftigkeit stabil, besteht eine Verbindung zwischen ursächlicher Handlung und der erfahrenen Wirkung.“ oder

„Aufrichtige Verständigung durch Sprache, Geste und Handlungen.“

Übersetzt heißt es Wahrhaftigkeit. Wenn wir dies im Lexikon nachschlagen finden wir: „die charakterliche Haltung, die die eigene Aussage mit der eigenen Überzeugung im Einklang hält“. “. Als erstes heißt das, dass wir uns selbst gegenüber ehrlich sein müssen. Wir müssen also uns selbst genau wahrnehmen und unsere Wahrnehmung, Denken und Handeln reflektieren. Den „Balken“ im eigenen Auge sehen!

Wahrhaftigkeit auch anderen gegenüber, d.h. unsere Äußerungen und Handlungen müssen mit unserer Überzeugung und unserem Leben übereinstimmen. Manchmal kann es schwierig sein, die Wahrheit mit der Gewaltlosigkeit in Einklang zu bringen, aber oft ist es möglich der Wahrheit ein anderes Kleid anzuziehen und ihr so die Schärfe der Aussage zu nehmen.

Asteya

II,37 asteya – Nicht – Stehlen

„Nichtbegehren oder die Fähigkeit uns von dem Wunsch nach Dingen, die uns nicht gehören, zu lösen. Dann kommt aller Reichtum zum Yogi.“

Dies bezieht sich nicht nur auf materielle Güter, sondern auf alle was anderen gehört und zusteht. Z. B. Zeit, Anerkennung, Vertrauen etc.

Brahmacharya

II,38 Brahmacharya – Enthaltsamkeit

  • brahman – Gott ohne Eigenschaften, das Absolute
  • carya – wandeln in, gehen in
  • brahmacarya – das Wandeln im Bewusstsein des göttlichen, Sexuelle Mäßigung

oder „Mäßigung in all unserem Tun.“

Die Erläuterung dieser Sutra fällt mir am schwersten und ist zwischen einer modernen und traditionellen Interpretation auch am widersprüchlichsten.

Im Sanskritlexikon bezieht sich Bramacharya auf die Sexualität. Sie muss je nach Lebensalter und Lebensbezug selbst ausgestaltet werden. Auf alle Fälle sollte eine Liebesbeziehung den Partner nicht ausbeuten.

Als zweites sollten wir uns bewusst sein, dass wir die sexuelle Energie in zwei Richtungen lenken können. Einmal für das Vergnügen, die Entspannung. Zum Anderen können wir sie für Kreativität, z. B. Schreiben, Malen und zur spirituellen Entwicklung benützen. Wir sollten immer wieder überprüfen, ob die von uns im Moment eingeschlagene Richtung mit unseren Zielen und Wünschen übereinstimmt.

Aparigraha

II, 39 aparigraha – Besitzlosigkeit

„Die Fähigkeit, uns auf das zu beschränken, was wir brauchen und nur das anzunehmen, was uns zusteht.“

Parigraha bedeutet Horten, Sammeln, Aparigraha ist Frei sein vom Ansammeln. Je mehr wir haben, desto mehr müssen wir uns um diese Dinge kümmern. Wir müssen dafür Zeit und Energie aufwenden. Häufig leben reiche Menschen in mit Verarmungsvorstellungen, sie müssen sich ständig um Aktien etc. kümmern und sind in der Angst vor Verarmung verhaftet. Für die Beschäftigung mit den grundlegenden Fragen des Lebens bleibt keine Zeit und innere Ruhe.

Aparigraha bezieht sich auch auf nicht materielles, wie Menschen, die wir niemals besitzen können, Ruhm etc. Allem dem wir mit Gier hinterher eilen, führt uns von uns weg.

Die 10 Gebote der Bibel

Ich möchte zum Abschluss, für den eigenen Vergleich, die 10 Gebote der Bibel auflisten.

  1. Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
  2. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen.
  3. Du sollst den Feiertag heiligen.
  4. Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.
  5. Du sollst nicht töten. (Ahimsa)
  6. Du sollst nicht ehebrechen. (Brahmacharia)
  7. Du sollst nicht stehlen. (Asteya)
  8. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. (Satya)
  9. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. (Asteya)
  10. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat. (Asteya)

Die ersten drei Gebote beziehen sich auf Gott, sind also spezifisch christliche Gebote.

Das vierte Gebot ist so nicht in den Yogasutren zu finden, da früher die Yogis Asketen waren. Sie hatten die Familie und Gemeinschaft verlassen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die ersten Yogis, die auch im Familienverbund lebten auf.

Deshalb ist auch Aparigraha, die Besitzlosigkeit in den Yogasutren bedeutsam.

Zum Weiterlesen

Desikarchar T.K.V.: Über die Freiheit und Meditation, Via Nova, 1997

Vivekananda: Raja Yoga, Avaita Ashram, 1999