Zufriedenheit

21.01.2019

Nachdem ich im letzten Blog Zufriedenheit und Glück definiert und voneinander abgegrenzt habe, möchte ich dieses Mal den Schwerpunkt auf die Zufriedenheit legen, die wir mit unserem Denken auch beeinflussen können.

Persönlichkeit

Ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit ist die Persönlichkeit. Das berühmte halbe Glas Wasser, das man als halbvoll oder als halbleer betrachten kann. Natürlich wird derjenige, der es als halbvoll sieht zufriedener sein.

Auch andere Charaktereigenschaften, wie Hoffnung, Enthusiasmus, Bindungsfähigkeit, Dankbarkeit, Weisheit, Neugier usw. wirken sich positiv auf die Zufriedenheit aus. Andere Eigenschaften, wie Bescheidenheit, Fairness, Spiritualität, Vorsicht, etc. haben keinen großen Einfluss. Ein gutes Selbstwertgefühl trägt nur in individualistischen Gesellschaften, wie der unsrigen, zur Zufriedenheit bei.

Ein Trugschluss ist, dass wir unsere Persönlichkeit nicht oder nur in jungen Jahren ändern können. Inzwischen gibt es Untersuchungen, dass sich die Persönlichkeit über die gesamte Lebensspanne verändern kann.

Dies ist also eine Möglichkeit zufriedener zu werden.

Vergleich

Wir vergleichen uns laufend. Einmal vergleichen wir unsere Handlungen mit unseren Vorstellungen, wie wir handeln sollten oder unser Leben mit unseren Vorstellungen, wie es unserer Meinung nach sein sollte. Dies sind intrapsychische Vergleiche.

Des Weiteren vergleichen wir uns mit anderen Menschen.

Intrapsychischer Vergleich

Jemand wünscht sich der Party Löwe zu sein, obwohl er vom Charakter her eher introvertiert ist. Er/Sie kann dann nicht sehen, wie gut das Gespräch mit einem Gast war und übersieht damit schöne Erlebnisse.
Der Perfektionist wird mit seinem Ergebnis nie zufrieden sein, denn in seiner Vorstellung ginge es noch perfekter.

Die innere Debatte, das hätte ich besser machen können, jenes erreichen können kennen wir in gewissem Maße alle. Manchmal ist sie aber so übermächtig, dass sie unsere Lebensfreude und Zufriedenheit beeinträchtigt.

Wir haben viele Wünsche und Forderungen an uns selbst und vergleichen uns ständig mit ihnen. Dabei ist uns häufig nicht mal bewusst, ob es wirklich unsere Wünsche sind oder die Wünsche unserer Eltern oder der Gesellschaft, die wir unbewusst verinnerlicht haben. Halten wir nach unseren eigenen Wünschen und deren Machbarkeit Ausschau.

Vergleich mit Anderen

Wir vergleichen uns immer mit Anderen: Sein Auto ist größer, mein Rasen ist akkurater, ich lese die besseren Bücher, ich bin dicker, habe weniger Muskeln … diese Reihe kann man endlos weiterführen. Vergleiche treffen alle Lebensbereiche.

Um dem zu entgehen, müssen wir sehen und annehmen, was wir haben und wie wir sind. Das bedeutet nicht resignatives Verharren, sondern realistisches Betrachten von uns und unserer Situation und auch eine realistische Einschätzung unseres Veränderungspotentials.

Social Medien

Social Medien, Sport-Uhr Comunity und ähnliches schüren den Vergleich mit Anderen. Wer hat mehr likes, wer ist mehr gelaufen, wer hat den abenteuerlichsten Urlaub gemacht. Dabei ist bekannt, dass alles geschönt dargestellt wird, um diesen Effekt zu erreichen. Nicht der Urlaub ist das Wichtigste, sondern das Bild, das die meisten „likes“ bringt.

Sie Perfektionieren also die Vergleichsmöglichkeiten und tragen somit keinesfalls zur Zufriedenheit bei.

Wir müssen uns vor den Vergleichen mit anderen hüten. Vergleiche können außerdem immer nur partiell sein, denn wir werden niemals alles Aspekte eines Anderen wirklich sehen können, um einen umfassenden Vergleich zu ziehen. Er wird also immer hinken!

Wege zu mehr Zufriedenheit

Es gibt zwei Wege zu mehr Zufriedenheit. Der offensive Weg und der defensive Weg. Wobei in der Realität es wohl immer eine Mischung aus beiden Wegen ist.

Offensive Weg

Beim offensiven Weg wird versucht, die eigenen Ansprüche zu erfüllen. Wichtig ist dabei, dass wir uns erst mal über unsere Wünsche und Ziele im Klaren werden und überprüfen, ob es wirklich unsere eigenen sind und nicht die unserer Eltern, der Freunde, der Gesellschaft… Wir können nur Ziele erreichen und mit ihnen zufrieden sein, die unsere Eigenen sind.

Dieser Weg wird heute in der Leistungsgesellschaft bevorzugt und kann in gewissen Lebensphasen auch sehr sinnvoll sein. Dabei ist zu beachten, dass es nach Kraftanstrengung während der Leistungshochs immer wieder Ruhephasen zur Erholung gibt.

Defensive Weg

Der defensive Weg bedeutet, dass die eigenen Ansprüche herunter geschraubt werden. Der Blick und das Maß ist nicht nach oben gerichtet, sondern eher nach unten. Dazu gehört die Reduzierung von Neid.

Auch sollten wir alles weniger kritisch sehen, mal „alle Fünf gerade sein lassen“. Ohne den Perfektionsanspruch lebt es sich leichter.

Wichtige Eigenschaften für jeden Weg

Ganz wesentlich zu unserer Zufriedenheit trägt das Gefühl der Handlungsfreiheit bei. Hierzu gibt es viele Untersuchungen. Natürlich haben wir oft im Beruf Vorgaben, die zu erfüllen sind, aber im Rahmen dessen, sollten wir größtmögliche Handlungsfreiheit haben. Ein hoch kontrollierender Chef, Ehefrau, Ehemann, etc. schränkt uns sehr ein. Durch eine Handlungsfreiheit können wir unsere Wünsche und die Wirklichkeit mehr in Einklang bringen.

Die Neugierde ist ein wichtiger Faktor, denn immer nur das Gewohnte bringt Langeweile und ist der Zufriedenheit nicht förderlich.

Dankbarkeit lässt uns das, was wir haben und sind, in einem positiven Licht erscheinen. Das führt zu mehr Zufriedenheit.

Viele Untersuchungen ergaben, dass das Bibelwort „Geben ist seliger als nehmen“ wirklich stimmt. Wir sollten nicht von unserer Substanz geben, weder finanziell, noch emotional oder zeitlich, aber es macht zufrieden den Überfluss jeder Ebene zu teilen.

Vorzüge der Zufriedenheit

Durch Untersuchungen sind folgende Effekte der Zufriedenheit festgestellt worden. Zufriedene Menschen sind gesünder, schlafen besser, leben länger und haben weniger Unfälle. Dabei ist es nicht wichtig, dass sie schon immer zu den Zufriedenen gehörten, sondern ein Zuwachs der Zufriedenheit kann auch im Alter noch viel bewirken.

Gelassenheitsgebet

Zum Abschluss gebe ich hier das Gelassenheitsgebet, von dem Theologen Reinhold Niebuhr aus den 40er Jahren wieder. Es ist allerdings etwas gekürzt und ohne Gott.

Gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
gib mir den Mut,
Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom anderen zu unterscheiden.

Zum Weiterlesen

Christina Berndt, Zufriedenheit, dtv, 2017