Im letzen Blog habe ich über Prana – die Lebensenergie gesprochen. Dieses Thema möchte ich mit diesem Blog über Pranayama noch vertiefen.
Definition
Es gibt zwei unterschiedliche Übersetzungsmöglichkeiten für Pranayama.
Zum einen bedeutet Ayama: strecken, ausdehnen, ausweiten, bis hin zu freie fließen.
Zweitens wird es in prana und yama geteilt. Yama bedeutet übersetzt Kontrolle. Dann bedeutet Pranayama also die yogische Wissenschaft über die Kontrolle der Lebensenergie im menschlichen Wesen.
Pranayama wird mit Atmung in Verbindung gebracht, obwohl ich gerade im letzen Blog geschrieben habe, dass es über den Atem hinaus geht. Aber die Atmung ist die wichtigste Quelle um Prana auzunehmen.
Deshalb übersetzte ich Pranayama unzulänglich mit Atemtechnik und werde diesen Aspekt von Pranayama hier weiter erläutern.
Bewusstes und unbewusstes Atmen
Unbewusst atmen wir immer. Aber im Yoga geht es um den bewussten Atem. Wir können, wenn wir bewusst atmen, mehr Prana aufnehmen, als mit unbewusster Atmung. Unbewusst ist so zu sagen das „Sparprogramm“.
Der Wind an einem heißen Sommertag kann als Vergleich dienen. Er ist da, aber nur wenn wir das Fenster öffnen, wird uns der Wind an einem heißen Tag die ersehnte Kühlung bringen. Wenn wir das Fenster zu lassen, nützt uns der Wind draußen nichts. Bewusst atmen ist wie das Fenster öffnen, um den Wind einzulassen.
Atem intensivieren
Wir haben Muskeln an den Nasenflügeln, die wir selten benützen. Diese können wir aktiv benützen, um noch mehr Prana aufzunehmen. Außerdem geht es darum aktiv frische Luft holen und nicht nur passiv atmen.
Atem und Gefühle
Über den Atem können wir unsere momentanen Gefühle beeinflussen. Sind wir aufgeregt, atmen wir kurz, flach und unrhythmisch. Werden wir uns dessen bewusst und verändern unseren Atem, wird sich auch unser Gefühl langsam etwas ändern.
Verschiedene Techniken und Rhythmen bewirken unterschiedliche Veränderungen in uns.
Ein langer Ausatem ist beruhigend und wird uns zur Ruhe kommen lassen.
Atembeobachtung oder Zählen des Atems wird unsere Aufmerksamkeit fokussieren. Wenn wir unter Spannung stehen können wir nicht gut durchatmen und schöpfen das Prana unseres Atems nicht richtig aus. So können wir z.B. Wartezeiten nutzen, indem wir uns statt aufzuregen und zu ärgern, sie als geschenkte Zeit sehen, in der wir bewusst atmen können.
Wir können uns vorstellen Energie einzuatmen, Spannung auszuatmen und uns so mit frischer Energie aufladen.
Wir können Licht ein-, Dunkelheit ausatmen und können uns so entsprechend unserem momentanen Bedürfnis mit Gesundheit, Lebendigkeit, Freude etc. füllen.
Der Atem ist ein Verbindungsglied zwischen Bewusstem und Unbewusstem.
Wir sollen ihn nicht als magisches Allheilmittel sehen, sondern als ein uns immer präsentes Hilfsmittel. Es sind nicht unendlich viele Techniken notwendig, einige wenige genügen. Wichtige ist, dass wir uns unseres Atems bewusst sind.
Verbindung zum Universum
Wir können über den Atem auch Verbindung zum Universum und zu anderen Menschen aufnehmen. Denn jeder Mensch atmet ein und aus. Selbst, wenn er schon gestorben ist, hat er früher ein und aus geatmet. Jeder füllt das Universum mit seinem Ausatem und nimmt gleichzeitig Luft aus dem Universum auf. So können wir uns in unserer Vorstellung über unseren Atem mit einer entfernten Person oder jemanden der schon Gestorben ist (Jesus, Buddha, Mahavir), verbinden.
Verteilung von Prana
Alle physischen Aktivitäten, Arbeit, Schlaf, Sport, Essen usw. haben Einfluss auf die Verteilung von Prana im Körper. Ebenso beeinflussen die Emotionen, Gedanken, Vorstellungen also Bewegungen des Geistes Prana. Wenn wir uns psychisch nicht wohl fühlen, fühlen wir uns auch körperlich energiearm. Pranayama greift direkt in diesen Prozess ein und balanciert Prana im Körper aus.
Zusammenfassung
- Der Atem stellt den Sauerstoff für unsere Zellen zur Verfügung und ermöglicht damit den Lebensprozess. Er ist nährend.
- Der Atem ermöglicht den Körper sich mit Energieaufzuladen und sie zu speichern.
- Der Atem kann helfen uns zu zentrieren und unsere Aufmerksamkeit zu steuern.
- Durch das Beobachten unserer Atemmuster können wir uns der Wirkung von verschiedenen Gefühlen und Gedanken bewusst werden.
- Durch das Verändern des Atems ist es uns möglich unsere Gefühle und Gedanken zu ändern.
- Kontrolliertes Atmen erlaubt uns eher Zugang zu Informationen aus dem Unterbewussten zu haben.
- Durch Atmung können wir Bewusstes und Unbewusstes miteinander verbinden. Der Atem ist das Tor zum Unbewussten.
Praxisbeispiel
Bei jeder Praxis ist es wichtig die eigenen Möglichkeiten und eigene Grenzen zu spüren und auf sie hören. Auf sie hören heißt beenden von Asanas, Pranayama oder auch der Entspannung, wenn wir das Gefühl haben es ist nicht mehr gut für uns. Dies gilt ganz besonders für Pranayama, denn das Lungengewebe ist sehr zart, also müssen wir auch so zart mit ihm umgehen.
Wir sind es nicht gewöhnt unsere Grenzen als etwas Positives zu sehen, sondern empfinden sie als Einschränkungen. Dabei sind sie sehr konstruktiv. Sie zeigen uns, was jetzt im Moment für uns gut ist. Grenzen sind nicht statisch, sondern veränderlich. Sie verändern sich insgesamt und auch täglich.
Nicht die Anzahl der verschiedenen Techniken hilft, sondern es regelmäßig tun. Manchmal ist es einfacher nur wenige Techniken zu wissen, da dann klar ist, was wir machen können. Wir müssen nicht erst nachdenken und auswählen.
Der Atem setzt sich zusammen aus
- Einatmen – pooraka
- Ausatmen – rechaka
- Atem einhalten – antara kumbhaka
- Atem aushalten – bahir kumbhaka
Anfangs genügt es sich auf das Einatmen und Ausatmen zu beschränken.
Legen Sie eine Hand auf die Brust, die andere auf den Bauch, damit Sie spüren wie Ihr Atem fließt. Atmen Sie genauso lange ein wie aus. Wollen Sie mehr zur Ruhe kommen, atmen Sie länger aus als ein.
Füllt sich der Bauch, die Brust und auch das Atemvolumen unter dem Schlüsselbein gleichmäßig? Fällt es Ihnen schwer einen Bereich wirklich zu füllen und zu leeren? Die Atembeobachtung ist der erste Schritt des Pranayams und zur Veränderung.
Mit der Zeit kann selbst diese einfache Technik das Atemvolumen vergrößern.
Wir können schon durch diese einfache, vertiefende Atemtechnik einen natürlichen, entspannten Rhythmus des Körpers und des Geistes herstellen. Selbst wenn wir Pranayama nur manchmal üben, nehmen wir einen Tropfen davon mit in den Alltag. „Steter Tropfen höhlt den Stein“, so verändern wir im Laufe der Zeit auch etwas in unserem alltäglichen Atmen und damit in unserem Geist.