Jainismus – drei Sutren

11.01.2021

Als ich mal bei meinem Lehrer Chitrabhanu saß sprach er über diese drei Sutren der Jains. Meine Aufzeichnungen möchte ich heute mit euch teilen.

Ich habe diese gerade jetzt herausgesucht, da sie die Bedeutung mit uns selbst zu sein, ja des auf sich geworfen seins, beschreiben. Durch Corona haben wir weniger Kontakte und Ablenkungen nach außen, verbringen also viel Zeit mit uns selber.

Aroghya buddhilada

Übersetzung der Worte

Aroghya –bedeutet Gesundheit in jeder Beziehung. Es geht also um die physische, psychische, finanziell, sozial, emotional Gesundheit und Ausgewogenheit.

Buddhilada – kommt von buddha dies bedeutet Wissen.

Interpretation

Wir müssen in jeder Beziehung gesund und ausgewogen sein, um uns spirituell entwickeln zu können. Sind wir körperlich krank, psychische instabil oder haben finanzielle Sorgen ist eine Entwicklung behindert, da wir nicht in Balance sind. Erst in Balance sind wir in der Lage uns selbst zu kennen, hinter unseren Körper und allen Äußerlichkeiten sehen. Dann können wir wissen, dass wir  –  atma – sind. Die lebendige Energie, die das Beständige in allem Wechsel ist.

Paraspara upagraho jivanam

Übersetzung der Worte

Paraspara bedeutet Abhängigkeit

Upagraho bedeutet Hilfe, sowohl Hilfe geben als auch Hilfe bekommen. Wir schätzen und  erkennen die Hilfe anderer an, die wir in unserem Leben bekommen. Keinen Tag könnten wir ohne die Hilfe andere (Über-)Leben.

Jivanam bedeutet Seele, Lebewesen.

Interpretation

In der zweiten Sutra steckt das Wissen, dass ich existiere, aber nur mit Hilfe anderer Lebewesen. Zwar muss ich als erstes auf mich selbst achten, aber gleichzeitig ist es notwendig diejenigen zu achten, die mir helfen zu leben. Dieses Wissen – boddhi – macht es möglich, die Vernetzung im Kosmos zu lernen und zu erleben. Alles ist miteinander verbunden, jeder ist von jedem Lebewesen abhängig. Es geht über ein intellektuelles Wissen hinaus, es geht in das tiefe Wissen des eigenen Herzens. Dadurch wird es uns möglich den Schmerz anderer mit zu empfinden. So können wir Mitgefühl für andere entwickeln.

Samahi vara maram

Übersetzung der Worte

Samahi bedeutet das gleiche wie Samadhi – Versenkung, Sammlung, ein Zustand des vollständigen inneren Gleichgewichts, Erleuchtung

Vara – das Beste

maram bedeutet aus diesem Leben scheiden

Interprtetation

Das Sterben, das Verlassen dieses Lebens sollte besonders gut sein. Unser Leben sollte das Beste sein, ebenso unser Tod. Wie können wir dies erreichen? Dadurch dass wir gemäß den zwei ersten Sutren leben. Wir brauchen also physisch, psychisch, emotional, spirituell Gesundheit und das Wissen mit dem Universum verbunden zu sein. Dadurch wird unser Leben harmonisch. Wenn wir in Harmonie leben, können wir auch mit gutem Gefühl gehen, wenn unsere Zeit gekommen ist.

Drei Lebensabschnitte

Mahavir lehrt uns unser Leben in drei Abschnitten auf zu teilen.

Wenn wir auf die Welt kommen, kommen wir als Fremde, niemand kennt uns, weder Mutter noch Vater. Aber wir sind mit ihnen in Kontakt gekommen, sie haben uns ernährt, gekleidet und versorgt.

Während wir leben, sollen wir als Gäste leben. Wir kamen als Fremde und leben jetzt als Gäste, sowohl in unserem Haus, als auch im Universum. Wir haben nichts mitgebracht auf diese Welt, keine Kleidung, nichts. Alles was wir bekommen wird uns geschenkt. Wie ein Gast in einem Haus das Essen, Bett usw. geschenkt bekommt. Wir haben keinen Anspruch auf etwas, sondern sollten uns über alles freuen, was wir bekommen. Auch an unsere Eltern haben wir keine Ansprüche, nicht an Geld oder Erbe, sondern was sie uns geben sind ihre Geschenke. Diese Sichtweise macht frei von Zwangsbeziehungen in der Verwandtschaft.

Im dritten Zeitraum geht es ums verlassen dieses Lebens. Wie Freunde sollen wir diese Welt verlassen. Wir waren während unseres Lebens Freund in dieser Welt, habe die Freundschaft und Hilfe von so vielen erfahren, deshalb sollten wir in Freundschaft gehen und nicht mit einem schlechten Gefühl.

Oft haben wir das Gefühl, diese Welt erkennt mich nicht an, kennt mich nicht. Ich bin ein Fremder. Wie aber sollten Menschen einen kennen, da sie sich selbst nicht kennen. Unser Problem ist dass wir immer von anderen verstanden werden wollen und uns darüber beschweren, dass andere (Vater, Mutter, FreundInnen) uns nicht verstehen. Daher fühlen wir uns alleine und verletzt. Aber wie sollen sie uns verstehen, da wir uns selbst kaum verstehen? Und wie sollen sie uns verstehen, da sie sich selbst nicht verstehen?

Durch diese Sutren sind wir auf uns selbst zurück geworfen. Diese Betonung auf das eigenen Verstehen gibt uns die Chance zur größeren Unabhängigkeit. Eine Möglichkeit emotional nicht so ineinander verstrickt zu sein, da wir selbstzufriedener sind. Dies hat nichts mit Egoismus zu tun.

Wenn Menschen uns verstehen ist dieses ein sehr großes Geschenk, für das wir dankbar sein sollten und auch denjenigen danken sollten. Wir können dies als Fremde und Gäste nichts erwarten.

Mit diesem Verständnis, wird sich unsere ganze Einstellung im Leben ändern.